31. August 2017 | Altes Rathaus, Hannover | Franz Markus Moster

Lucky Punch

Architekt Franz Markus Moster vermisst beim Nachwuchs den Wunsch nach beruflicher Selbstständigkeit. Der Weg zu einem eigenen Büro müsse ja nicht zwangsläufig über durchgemachte Wettbewerbsnächte führen, in der vagen Hoffnung, irgendwann den Lucky Punch zu setzen. Junge Architekten sollten besser eigene Projekte initiieren, brachliegende Grundstücke suchen, architektonische Nutzungsvorschläge machen. So hat er es selbst getan. Am vielbefahrenen Clevischen Ring in Köln-Mühlheim hat er das Concrete Apartment Cologne (kurz: CAC) geplant und gebaut – auf einem Grundstück, von dem andere nichts wissen wollten. Zu laut zum Wohnen? Nicht für Moster. Verkehrsbelastung klar, aber eben auch sehr gute Anbindung. Und Mühlheim ist im Wandel begriffen, nach Schmuddelimage geben jetzt hippe Agenturen dem Stadtteil einen neuen Anstrich. Ein attraktiver Ort für junge Nomaden, die ein bis sechs Monate in Köln arbeiten und wohnen müssen. Das CAC ist ein Boardinghouse, ein Haus auf Zeit, mit den Annehmlichkeiten eines Hotels, aber ohne dessen Restriktionen. Die Wohnungen sind neben Schlafzimmer, Küche, Bad, maßgefertigten Einbaumöbeln und modularen Couchgarnituren nur mit dem nötigsten ausgestattet und bieten ausreichend Raum für persönliches. Hier darf ein Nagel in die dafür vorgesehene Pinnwand aus Eiche geschlagen und ein eigenes Bild aufgehängt werden. So entstünde ein Zuhause, sagt Moster.

Neben, unter, über und hinter der Eiche ist hochwertig verarbeiteter Beton. Extra viel Masse, um dem Schall von draußen Herr zu werden. Nahezu hermetisch sei das Gebäude von der Außenwelt abgeschnitten, gibt Moster zu. Tribut an den Standort. Aber der ruhige Ateliercharakter und die Living-Kitchen im Erdgeschoss böten den Bewohnern Atmosphäre und Platz für Gemeinschaft. Vom Kaffeetrinken über Kochevents bis zur Kunstausstellung sei hier alles möglich.

Hat der Bauherr Moster dem Architekten Moster eigentlich Druck beim Bau des CAC gemacht?, wollte Architekturkritiker Nils Ballhausen von Moster wissen. Natürlich wollte er als Bauherr sparen, sagt Moster, als Architekt sich aber auch nicht zu weit von seinem Konzept entfernen. Kompromisse also, wie bei jedem Bau, abwägen und anpassen. Wolfgang Schneider, Vorsitzender der Lavesstiftung, wies darauf hin, dass die Verknüpfung von Freiberuflichkeit und gewerblicher Interessen in Niedersachsen eine baugewerbliche Eintragung notwendig macht. Ein Spannungsfeld, in dem Moster eher Chancen sah. Geschickt nutzte er auch Fördergelder für sein Bauvorhaben und zeigte den Banken, wie aus dem CAC zukünftig beispielsweise auch ein Studentenwohnheim werden könnte. Ein solches Zweitszenario schaffe Planungssicherheit, so Moster, und bedeute niedrigere Zinsen.

Mosters Ziel war es, einen Meilenstein für Microappartements und gleichzeitig auch für das Portfolio seines Büros zu schaffen. Es scheint ihm gelungen zu sein. Das Kölner Passivhaus passt sich samt Backsteinriemchen harmonisch in die Umgebung und den Wohnungs-Markt ein und wurde für seine Gestaltung im August mit dem Iconic Award in der Kategorie Architektur ausgezeichnet. Das CAC ist nicht weniger als Mosters Lucky Punch.

Fotos: Kai-Uwe Knoth