28. November 2013 | Altes Rathaus Hannover | Prof. Volker Staab

Behutsam radikal

 

Was bauen? Ein plakatives Ufo oder ein Gebäude, das so scheint, als sei es schon immer da gewesen? „Beides falsch“, sagt Volker Staab. Der richtige Weg sei die Suche nach der Verbindung. Staab ist derzeit Deutschlands erfolgreichster Architekt. Baunetz-Ranking Platz eins, zahlreiche Wettbewerbserfolge, Auszeichnungen, Bundesverdienstkreuz. Da kann man schon mal abheben. Doch Staab bleibt cool, bleibt sympathisch. Es sei ja nicht so, dass er eine Skizze aus seinem Elfenbeinturm nach unten gebe, wo sie dann umgesetzt werde, sagt der 56-Jährige. Mehrfach betont er die Teamleistung, spricht von „wir“ statt von „ich“. So ist auch seine Architektur. Nie Ufo, nie egozentrische Selbstrepetition. Immer sind seine Häuser Teil des städtischen Gewebes, fügen sich behutsam ein und zeigen doch gleichzeitig, dass sie etwas Neues sind, der Situation etwas Spannungsvolles hinzufügen. Und Staab mittendrin. Man glaubt ihm, wenn er berichtet, wie er auf der Suche nach Lösungsansätzen durch sanierungsbedürftige Häuser läuft, auf der Baustelle mitfiebert und sich freut, wenn seine Bauten nach ihrer Fertigstellung zum Leben erwachen, eine eigene Kraft in ihrem Kontext entfalten. Undogmatisch geht er an seine Arbeit und erhält sich dabei eine gewisse Respektlosigkeit vor dem eigenen Werk. Sei es bei großen Museen oder der kleinen Gewerbehalle in der niedersächsischen Provinz. Diese Halle nicht auf der grünen Wiese zu bauen, sondern die 200 Arbeitsplätze vor Ort zu erhalten, bewahrte die Substanz der kleinen, vom Ausbluten bedrohten Stadt, ist sich Staab sicher. Das entstandene Gebäude sei zwar radikal, aber in seiner sozial-städtebaulichen Funktion eben auch behutsam. Dafür gab es 2012 den Niedersächsischen Staatspreis für Architektur.

Staab begeistert es, wenn nach vielen Versuchen am Ende eine einfache Lösung steht, die auf mehreren Ebenen Sinn ergibt – auch wenn das nicht immer gelinge, wie er uneitel zugibt.

Staabs Arbeiten sind geprägt von Komplexität und Widerspruch. Er liebt diese Spannungsfelder, die Gegensatzpaare, die er überall entdeckt. Der Schlüssel zum Entwurf liegt generell in der Funktion. Vorhandenes wird dabei einbezogen, nicht mit Neuem über- stülpt. Licht ist immer wieder stilbildendes Element.

Er habe Wettbewerbe auch schon abgebrochen, sagt Staab, manchmal fänden er und sein Team einfach keine Lösung. Doch meist gelingt es, viele Dinge gleichzeitig in die Arbeit zu integrieren und Anregungen, beispielsweise aus der Kunst, in die eigene Arbeit zu übersetzen. Bewusst schöpft Staab auch aus anderen Disziplinen. Ein Stück Ingenieurswissenschaft, ein bisschen Wirtschaftswissenschaft, ein Teil Geisteswissenschaft.

Doch am Ende liegt sein Schwerpunkt bei der eigenen Profession, die eben mit keiner anderen vergleichbar ist. „Ich bin Architekt“, sagt Staab, „und damit kann ich ganz gut leben.“

 

Fotos: Kai-Uwe Knoth