12. April 2011 | Altes Rathaus Hannover | Prof. Christoph Mäckler
Christoph Mäckler fühlte sich wohl als erster Gast von „Architektur im Dialog“ unter dem diesjährigen Themenschwerpunkt „Architektur und Nachhaltigkeit“ – ein Schwerpunkt, den die Lavesstiftung gemeinsam mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt in insgesamt vier Veranstaltungen setzt.
Doch Mäckler, bekannt dafür, dass er seine Meinung sagt, erntete zunächst Kritik: „Ökobeschimpfung“ hallte es durch den Saal. Ökobeschimpfung? Nur weil Mäckler eine Solardachsiedlung nicht als Heilsbringer eines neuen energetisch perfekten Städtebaus empfahl?
Die größte Herausforderung des energetischen Umbaus, so Mäckler, läge im Bestand. Um sie zu lösen, bräuchten die Architekten verstärkt ganzheitliches Denken und Zusammenarbeit mit den anderen Disziplinen, auch und vor allem mit den Bauingenieuren. Nur so ließe sich der wachsende Dämmeifer, der durch eine starke Lobby in Berlin gefördert werde und die Gestalt der Städte zerstöre, aufhalten.
Außerdem müsse die Nachverdichtung der Städte gegenüber der Flächenversiegelung durch Neubauten auf der grünen Wiese, die nicht mit Nachhaltigkeitsprinzipien in Einklang gebracht werden könne, im Vordergrund der Bemühungen stehen. In den sogenannten Wildschweinsiedlungen, so Mäckler, sei überdies ein geordneter Städtebau völlig zum Erliegen gekommen. Hieran trügen auch die Architekten eine Mitschuld, alles andere sei Augenwischerei. Eine energetisch ertüchtigte Reihenhauszeile aus den 1960er-Jahren sei ein deutlich größerer Gewinn, als ein nach allen Regeln der EnEV errichtetes freistehendes Einfamilienhaus vor den Toren der Stadt. Doch nur allein durch Dämmung könne auch dies nicht im Sinne eines nachhaltigen Städtebaus gelingen. Mäckler forderte intensivere Forschung statt Schnellschüsse. Es könne nicht sein, dass Deutschland in traditionell deutscher Manier voranschreite und dämme was das Zeug hielte - ohne Rücksicht auf die Zerstörung identitätsstiftender Gebäudefassaden –, während in Amerika riesige Klimaschleudern versuchten Holzhäuser zu kühlen. Lieber ein Schritt zurück, als zwei nach vorn.
Mäckler präsentierte sich aber gleichwohl als Verfechter nachhaltigen Bauens, plädierte für reduzierten und effektiven Materialieneinsatz, für Stein statt Glas, wegen der besseren Ökobilanz. Eine Idee aber, die wie das Solardachbeispiel allein auf einem technischen Prinzip aufbaue, sei ihm zu wenig.
Die Rolle der Architekten, so Mäckler müsse sich, um die Herausforderungen zu bewältigen, wieder ganzheitlicher entfalten. Der Berufsstand dürfe nicht in der Rolle des Designers verharren, Handwerk sei gefragt, um mitreden zu können bei den Entwicklungen. Dazu gehöre es auch, nicht hinzunehmen, was die Industrie anböte. Die Architekten müssten die Hersteller stärker zur Innovation herausfordern. In diesem Sinne appellierte Mäckler ausdrücklich an die Hochschulausbildung nicht dem besten Entwurf nachzujagen, sondern Kernkompetenzen zu vermitteln.
Fotos: Michael Cintula