21. Oktober 2025 | Altes Rathaus | Gisela Erler
Bürgerbeteiligung im „Herbst der Demokratie“
Wenn sich 170 Personen für eine kostenfreie Veranstaltung anmelden, kommen in der Regel 130-140 Personen. Mit 20-25 Prozent „No-Show“ darf man als Organisator einer solchen Veranstaltung schon rechnen. Am 21. Oktober war es anders. Die Lavesstiftung und ihr Stiftungsvorsitzender Robert Marlow hatten wieder zu „Architektur im Dialog“ ins Alte Rathaus in Hannover eingeladen. Um 19 Uhr waren sie dann voll die 170 Plätze – keine 20-25 Prozent „No-Show“, sondern Vollbesetzung. Grund dafür: Der Gast des Abends. Gisela Erler, Sozialwissenschaftlerin, Familienforscherin und ehemalige Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg.
Sie sprach über ihre Arbeit für Partizipationsverfahren, die großen Erfolge der Bürgerräte und „Zufallsbürger“, die gestiegene Zufriedenheit in BaWü und darüber, warum es anderswo immer noch nicht funktioniert. Wie binde ich trotz Widerständen Bürgerinnen und Bürger in den Entscheidungsprozess ein? Warum wollen bzw. wollten die Amtsträger oft nicht mitziehen? Gisela Erler wusste die Antwort darauf und dafür wurde sich mit auffallend langem Applaus bei ihr bedankt. Im anschließenden Podiumstalk mit Architektur-Kommunikations-Professor Jan R. Krause von der Hochschule Bochum ging es dann noch weiter in die Tiefe der Themen. Ob Grauzonen, den Input, den Bürgerräte brauchen oder die Rolle der Medien, Fragen gab es genug. Aber nicht, weil Dinge nach ihrem Vortrag ungeklärt waren, sondern weil das Erfolgsmodell aus Baden-Württemberg sicherlich auch in Niedersachsen und darüber hinaus Anklang finden würde. Die Frage nach dem „wie denn?“ stand im Mittelpunkt der Diskussion.
Was sie den Architekten noch mit auf den Weg geben möchte, wollte Prof. Krause am Ende der Veranstaltung wissen. Gisela Erler musste nicht lange überlegen: „Architektur muss funktional sein“. Mehr Experimente wagen dürfe man aber trotzdem. Erler erinnerte dann noch an eine Aussage der ehemaligen in Hannover geborenen Philosophin Hannah Arendt, die auch ihr damaliger Ministerpräsident Winfried Kretschmann gerne wiederholte. „Der Sinn von Politik ist Freiheit.“ Grundlegend richtig wie Erler findet, müsste es aber ihrer Meinung nach ergänzend heißen: „Der Sinn von Politik ist ein gutes Leben in Freiheit.“