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20. März 2025 | Altes Rathaus Hannover | Martin Henn (HENN)

Die Ästhetik der Nachhaltigkeit

Zwei Dinge sind bei Architektur im Dialog relativ sicher: Es wird voll und der Abend wird lang. Als Martin Henn, Geschäftsführer und Design Principal bei HENN, am 20. März Gast der Lavesstiftung war, war dies nicht anders.

Rund 200 Gäste nahmen im Festsaal des Alten Rathaus in Hannover Platz. Hätten die frühsommerlichen Temperaturen nicht zum spätabendlichen, kühlen Getränk am Leineufer eingeladen, wären es wohl noch mehr geworden.

HENN plant unter anderem Arbeitswelten mit „maximaler Offenheit“: Großraumbüros von heute mit wenigen hohen Wänden und großen, weiten Flächen – mit „Clean-Desk-Policy“: Der Arbeitsnehmer wird verpflichtet, zum Feierabend seinen Platz sauber zu hinterlassen, sodass am nächsten Tag dort auch eine andere Person sitzen kann. Der Schwerpunkt verlagert sich vom privaten, fast schon häuslich eingerichteten persönlichen Arbeitsplatz zu einer Arbeitswelt, in der das Miteinander im Vordergrund steht – unabhängig davon, ob jeder an seinem vorher zugeordneten Platz sitzt. Angenommen werden muss es letztendlich vom Arbeitnehmer, der bei den Planungen vom Büro HENN stets versucht wird zu berücksichtigen – partizipativ planen nennt es Martin Henn.

Transformation, Einfachheit, Natürlichkeit und Offenheit. Vier Begriffe, die für Henn im Zusammenhang mit der neuen Ästhetik, der Ästhetik der Nachhaltigkeit, stehen. Transformation – die Rückkehr zur „Kern-Architektur“. Einfachheit – die Rückbesinnung auf alte Tugenden ohne viel Neues. Natürlichkeit – Architektur und Landschaft vereinen. Offenheit – Architektur als Möglichkeitsraum verstehen.

Henn zeigte nicht nur eine Vielzahl an beeindruckenden Projekten seines Büros aus aller Welt, dabei stets die Nachhaltigkeit als dominierendes Motiv im Blick, sondern auch zwei besondere aus Hannover: Die bereits erwähnte Konzernzentrale der Continental AG am Pferdeturm in Hannover und ganz aktuell die Pläne für den Neubau der Medizinischen Hochschule Hannover. HENN hatte kurz vor der Veranstaltung gemeinsam mit C.F. Møller Architects den Zuschlag für die Planung erhalten. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts ist für das Jahr 2031 angepeilt.

„Wie weit ist China schon in Sachen Nachhaltigkeit am Bau?“, wollte Bauwelt-Redakteurin Josepha Landes im anschließenden Podiumsgespräch wissen. Es passiere viel in China, aber andere Themen würden das Land beschäftigen, meint Martin Henn. Ein Land wie Deutschland erlebe im Moment einen Transformationsprozess hin zur flächendeckenden Bestandsnutzung, ein Entwicklungsland wie China habe dieses Potenzial nicht. Auch nachhaltiges Bauen und Planen seien in China schwierig. Nachhaltige Rohstoffe wie Holz wären gar nicht so häufig vorhanden. Trotzdem versuche das Land, so gut es gehe einen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten, dabei unterstützt HENN natürlich gerne.

Martin Henn redete souverän, klar und verständlich – so wie man es von ihm erwartet. Die in der Begrüßung in den Raum gestellte Frage von Kammerpräsident und Stiftungsvorsitzenden Robert Marlow zur Nachhaltigkeit an einem 428 Meter hohen Wolkenkratzer – wie er grade im Süden Chinas in Haikou erbaut wird, geplant vom Büro HENN – blieb an diesem Abend jedoch unbeantwortet.

Alle Fotos: Kai-Uwe Knoth